Artur – ein gesundheitspolitischer Ritter

Der 8. Juli 2012 hätte das Zeug in die gesundheitspolitische Geschichte einzugehen. Es war der Tag, als den neue Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger so richtig Gas gab.

So meinte er in einem APA-Interview: „Wenn man im österreichischen Gesundheitssystem weiterkommen will, dann müsste man den Ländern die Krankenhäuser wegnehmen“ und: „Es kann nicht sein, dass die Länder gleichzeitig Gesetzgeber, Spitalsträger und Leistungsanbieter sind und dann auch noch am Finanzierungstopf sitzen.“

Mit solchen Aussagen macht man sich für Länder zum Paria, auch oder besonders, wenn man Ärztekammerpräsident ist. Aber der neue Präsident rüttelt auch an einem weiteren Dogma der österreichischen Gesundheitspolitik, der Pflichtversicherung. Die würde er gerne abgeschafft sehen, und den Bürgern Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Kassen geben – Und mit der Aussage mögen ihn die Sozialpartner auch nicht mehr.

Nun, die Kassen haben nicht reagiert, müssen auch nicht, weil sie wissen, dass sie dank der Verfassung niemand abschaffen / ändern / abwählen kann. Reagiert haben aber einige Länder – abschlägig, wie zu erwarten. Beispielsweise meint der Oberösterreichische Landeshauptmann: „Wir werden die Debatte [Anm.: gemeint ist die Gesundheitsreformdebatte – welche? Ich dachte, die Reform wurde von sechs Personen geheim verhandelt] sicher nicht wieder von vorne beginnen“.

Präsident Wechselberger, und da schließe ich mich an, hält übrigens die beschlossene Gesundheitsreform nur für „das übliche Gerangel um Geld und Geldflüsse“, wenn über eine neue 15a-Vereinbarung gestritten wird. Und ihn wie auch mich erinnern die vereinbarten virtuellen Budgets zur Steuerung des Systems an „Luftschlösser“.

Wie dem auch sei, ursprünglich dachte ich, der kämmerliche Vorschlag ist goldrichtig: echter Wettbewerb zwischen Kassen, und nicht nur als Pseudo- Argument für das Weiterbestehen von 21 Krankenkassen und 16 Krankenfürsorgeanstalten, die sich, dank Pflichtsystem nie um ihre Existenz fürchten müssen. Echter Wettbewerb wäre für viele ein kurativer Schlag!

Und dann die Entflechtung der Mehrfachkompetenzen der Länder, die sich als Gesetzgeber, Spitalsträger, Leistungsanbieter (samt Qualitätskontrolle) und Finanzier ohnehin schon in einem ständigen, schweren, inneren Interessenskonflikt befinden; gepaart mit dem Wunsch der Herrschenden nach Wiederwahl, kann so was ja fast nur pathologisch enden!

In einer zweiten Reaktion allerdings reflektierte ich die ebenfalls geforderte Stärkung der Sozialversicherung, bei gleichzeitiger Schwächung der Länder.

Genau betrachtet, recht viel besser haben die Kassen ja auch nicht gearbeitet. Anderenfalls hätten wir ein echtes Hausarztsystem, Gruppen-, statt Einzelpraxen, und das Honorarsystem der Ärzte wäre ein Steuerungsinstrument und kein gemauscheltes Geldverteilungssystem.

Dazu kommt aber noch, dass Kassen im Gegensatz zu den Ländern ein Legitimtätsproblem haben – denn Pflichtkassen, deren politische Führungen indirekt in Pflichtkammer-Wahlen mit niedriger Wahlbeteiligung gewählt“ werden, sind NICHT demokratisch legitimiert! Auch wenn das manche nicht hören wollen. Andererseits wird auch die Lockerung des Pflichtsystems vorgeschlagen, damit könnte dieses demokratische Manko kompensiert werden, sofern der angestrebte Wettbewerb wirklich auf den Boden kommt und nicht über den Hauptverband und irgendwelche Rettungs- und Zusammenarbeitsfonds abgefangen wird.

Aber all diese Gedanken habe ich in dem Augenblick vergessen, als ich die Reaktion der Länder las.

Da meint etwa Gesundheitsreferent J. Pühringer: „Ich lade den Herrn Präsidenten aber herzlich nach Oberösterreich ein, damit er sich erstens die exzellente Spitalslandschaft und zweitens die gelungene Spitalsreform anschauen kann.“ Deutlicher sein Vorarlberger Kollege Landesrat Ch. Bernhard: „Unsere Spitäler bleiben da, wo sie sind: nämlich bei uns“, weil nämlich jede Schwächung der Länder massive Nachteile für die Patienten hätte. Und aus Tirol erklärt gleich Landeshauptmann Platter im Namen aller Länder (er ist nämlich Vorsitzender der rechtlich völlig unbekannten Landeshauptleitekonferenz, die aber real mehr Macht hat, als jede verfassungsrechtlich festgelegte politische Institution): Man werde es jedenfalls „niemals zulassen“, dass der Bund vorschreibe, wo es in einem Bundesland ein Spital geben soll und wo nicht.

Damit war mir klar um was es geht: Es sind die gnädigen Länder mit ihren segensreichen Spitälern, die zwischen uns und unserem sicheren Tod stehen – und dankbar sollten wir sein, dass wir sooft drinnen liegen dürfen, in den ländlichen Spitäler. Das zu kritisieren oder ändern zu wollen, das kann nur böse sein.

Wie löst man den virtuellen Hausärzte- und echten Präventionsmangel auf einen Streich

Prävention soll verstärkt werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann nach „mehr“ Geld gerufen wird. Ich bin dafür, dass wir Geld aus den Spitälern zu den Hausärzten für Vorsorgemodelle umschichten.

Mit etwa 470 praktizierenden Ärzten (ohne Zahnärzte) pro 100.000 Einwohner liegen wir unangefochten an erster Stelle.  Auch mit 110 Millionen Kassenarzt-Besuchen sind wir vermutlich ganz vorne dabei; hier ist aber das Vergleichen nicht so leicht. Dass wir mit 30 Spitalsaufnahmen pro 100 Einwohner spitze sind, ist Allgemeinwissen. Und wenn wir gleich fünfmal mehr Spitäler als die Dänen, aber nur 1,5-mal Mehr Einwohner haben, denken viele darüber nach, ob’s nicht doch ein bisserl weniger sein dürfte.

Also an Mitteln mangelt es nicht. Aber was machen wir daraus?

Unsere Senioren dürfen eben nicht mit so vielen gesunden Lebensjahren rechnen wie in jenen Ländern, die gleich viel ausgeben wie wir. Hier spielen wir nicht in der Oberliga, sondern mit den Nachzüglern – die aber gleich 30% weniger Ressourcen aufwenden, um das Gleiche zu erreichen.  Dieser Umstand spiegelt sich dann auch in anderen Zahlen wider. Mittlerweile ist jeder dritte neue Pensionist invalide, das sind in etwa 30.000 pro Jahr und ein Spitzenwert. Logisch, unsere Bevölkerung ist ein Pflegefall. Während international bei über 80-Jährigen mit weniger als 25% Pflegebedürftigkeit gerechnet wird, sind es bei uns fast 60%.

Es sollte endlich klar werden, dass wir nicht mehr Mittel brauchen, sondern  diese vernünftig auf Prävention, Kuration, Rehabilitation, Pflege und Palliativversorgung aufteilen.

Und weil es hierzulande vor allem an der Prävention mangelt, hier gleich ein Vorschlag, der nicht nur der Prävention mehr Bedeutung gibt, sondern auch das Problem mit den Hausärzten lösen kann.

Der Mutter-Kind-Pass (MKP), der fast ausschließlich über ein monetäres Bonus-Malus-System angereizt ist, ist wohl das erfolgreichste Präventionsprogramm hierzulande. Es kostet etwa 60 Millionen €. Weil es funktioniert, würde ein monetäres Bonus-Malus-System vielleicht auch bei Erwachsenen (schließlich sind alle Eltern erwachsen) funktionieren.

Also sollte der Hauptverband den Spitälern 200 Millionen € (etwa 2% der Gesamtkosten) weniger überweisen und damit eine komplette neue hausarztzentrierte Vorsorgeschiene finanzieren, die wie der MKP angereizt wird.

Alle Österreicher zwischen 35 und 60 erhalten, wenn sie zur jährlichen Vorsorgeuntersuchung gehen, 100 € bar. In dieser Untersuchung werden mit dem Patienten individuelle, aber wissenschaftlich abgesicherte Ziele vereinbart (Abnehmen, mit dem Rauchen aufhören, mehr Bewegung etc. ähnlich aber etwas besser aufgesetzt als das SVA-Modell). Erreicht der Patient diese Ziele, erhält er zusätzlich 100 € – also 200 €.

Über 60 wird es ein bisschen brenzliger: dort werden dem, der NICHT zur Vorsorgeuntersuchung geht, 300 € (pro Jahr! – also 21€ pro „Monat“ bei 14 Bezügen) von der (Brutto-)Pension abgezogen – analog dem einbehaltenen Kinderbetreuungsgeld, wenn MKP-Untersuchungen nicht wahrgenommen werden. Was für Familien in viel höheren Dimensionen (dort fehlen dann pro Monat deutlich mehr als 21€) erlaubt ist, kann bei Pensionisten nicht unmenschlich sein! Und geht ein Pensionist nicht nur hin, sondern erreicht auch seine Ziele, gibt es auch für ihn 100 € bar.

Rechnet man mit 50% Teilnahme bei den unter 60-Jährigen und mit 80% bei Pensionisten, einer Zielerreichung bei der Hälfte, stellt die jetzige Vorsorgeuntersuchung ein und widmet die einbehaltenen Pensionsanteile dem neuen Programm, dann ist das alles um jene zusätzlichen 200 Millionen zu haben, die den Spitälern weggenommen werden und nicht wirklich abgehen können.

Setzt man so ein Modell um, dann würden die Hausärzte so um etwa 120 Millionen mehr Umsatz machen als heute. Vorausgesetzt, die Zahl der Hausärzte wird nicht erhöht (was blöd wäre), dann käme das einer Einkommenssteigerung von etwa 30% gleich und würde so die große Differenz zu den niedergelassenen Fachärzten erheblich verkleinern. Und weil bekannt ist, dass eben diese Differenz einer der demotivierendsten Faktoren darstellt, würde so der Hausarztberuf  deutlich attraktiver werden.

Und weil so ein Präventionsprogramm hausarztzentriert aufgesetzt ist, wird die Rolle des Hausarztes im System massiv gestärkt – und zwar über den Bereich, wo wir nachhinken – der Prävention!  Im Übrigen, es ist Schwachsinn, Prävention, wie in einigen Bundesländern angedacht, ins Spital zu ziehen. Die gehört zum wohnortnahen Hausarzt (eigentlich zum so genannten Primärversorger, der unter Umständen auch ein Facharzt sein kann!) und sonst nirgendwo hin.

Allerdings, und das ist halt wichtig, muss es wirklich ein Programm sein, und nicht nur einfach eine Geldverschiebung (obwohl ich mich  schon mit dem zufrieden geben würde, weil eben dass Allokationsproblem wenigstens ein bisschen entschärft wäre).

Der Vorschlag ist zwar vermutlich nicht wirklich effizient, aber es würden sicher, eine begleitende Versorgungsforschung vorausgesetzt, einige Effekte auftreten, auf denen man weiterbauen kann.

 

PS: Mir ist klar, es ist eine etwas verquere Ethik, jene zu belohnen, die sich selbst nicht gesund halten. Aber für alle, die einzahlen, ist es, pragmatisch betrachtet, gescheiter, vorher weniger Geld herzuschenken, als später für teurere Behandlungen zu bezahlen. Ginge es, Prävention mit höheren Selbstbehalten für Therapien umzusetzen, wäre es mir lieber, ist aber bewiesenermaßen nicht möglich – eine Eigentümlichkeit des Gesundheitsmarktes.

 PPS.: dieses Modell kostet Steuer- und Beitragszahler keinen Groschen mehr, vorausgesetzt, die Spitäler schaffen es, ihre Effizienz um 2 % zu steigern!!

PPPS.: Ich weiß, dass die Länder nie zustimmen werden, auf diese relativ kleine Summe jemals zu verzichten, ja nicht einmal zustimmen würden, wenn es zusätzliche Mittel gäbe, auf „ihren“ Beuteanteil zu verzichten (die Hälfte der Kasseneinahmen gehen an die Länder – wonit dieses Programm automatisch schon 400 Mio.€ kosten würde!)

Ärztekammer auf echtem Reformkurs?

Der 8. Juli 2012 hätte das Zeug in die gesundheitspolitische Geschichte einzugehen. Es war der Tag, als den neue Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger so richtig Gas gab.

 So meinte er in einem APA-Interview: „Wenn man im österreichischen Gesundheitssystem weiterkommen will, dann müsste man den Ländern die Krankenhäuser wegnehmen“ und: „Es kann nicht sein, dass die Länder gleichzeitig Gesetzgeber, Spitalsträger und Leistungsanbieter sind und dann auch noch am Finanzierungstopf sitzen.“

Mit solchen Aussagen macht man sich für Länder zum Paria, auch oder besonders, wenn man Ärztekammerpräsident ist. Aber der neue Präsident rüttelt auch an einem weiteren Dogma der österreichischen Gesundheitspolitik, der Pflichtversicherung. Die würde er gerne abgeschafft sehen, und den Bürgern Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Kassen geben – Und mit der Aussage mögen ihn die Sozialpartner auch nicht mehr.

Nun, die Kassen haben nicht reagiert, müssen auch nicht, weil sie wissen, dass dank der Verfassung niemand sie abschaffen/ändern kann. Reagiert haben aber einige Länder – abschlägig, wie zu erwarten. Beispielsweise meint der Oberösterreichische Landeshauptmann: „Wir werden die Debatte [Anm.: gemeint ist die Gesundheitsreformdebatte – welche? Ich dachte, die Reform wurde von sechs Personen geheim verhandelt] sicher nicht wieder von vorne beginnen“.

Präsident Wechselberger, und da schließe ich mich an, hält übrigens die beschlossene Gesundheitsreform nur für „das übliche Gerangel um Geld und Geldflüsse“, wenn über eine neue 15a-Vereinbarung gestritten wird. Und ihn wie auch mich erinnern die vereinbarten virtuellen Budgets zur Steuerung des Systems an „Luftschlösser“.

Wie dem auch sei, ursprünglich dachte ich, der kämmerliche Vorschlag ist goldrichtig: echter Wettbewerb zwischen Kassen, und nicht nur als Pseudo- Argument für das Weiterbestehen von 21 Krankenkassen und 16 Krankenfürsorgeanstalten, die sich, dank Pflichtsystem nie um ihre Existenz fürchten müssen. Echter Wettbewerb wäre für viele ein kurativer Schlag!

Und dann die Entflechtung der Mehrfachkompetenzen der Länder, die sich als Gesetzgeber, Spitalsträger, Leistungsanbieter (samt Qualitätskontrolle) und Finanzier ohnehin schon in einem ständigen, schweren, inneren Interessenskonflikt befinden; gepaart mit dem Wunsch der Herrschenden nach Wiederwahl, kann so was ja fast nur pathologisch enden!

In einer zweiten Reaktion allerdings reflektierte ich die ebenfalls geforderte Stärkung der Sozialversicherung, bei gleichzeitiger Schwächung der Länder.

Genau betrachtet, recht viel besser haben die Kassen ja auch nicht gearbeitet. Anderenfalls hätten wir ein echtes Hausarztsystem, Gruppen-, statt Einzelpraxen, und das Honorarsystem der Ärzte wäre ein Steuerungsinstrument und kein gemauscheltes Geldverteilungssystem.

Dazu kommt aber noch, dass Kassen im Gegensatz zu den Ländern ein Legitimtätsproblem haben – denn Pflichtkassen, deren politische Führungen indirekt in Pflichtkammer-Wahlen mit niedriger Wahlbeteiligung gewählt“ werden, sind NICHT demokratisch legitimiert! Auch wenn das manche nicht hören wollen. Andererseits wird auch die Lockerung des Pflichtsystems vorgeschlagen, damit könnte dieses demokratische Manko kompensiert werden, sofern der angestrebte Wettbewerb wirklich auf den Boden kommt und nicht über den Hauptverband und irgendwelche Rettungs- und Zusammenarbeitsfonds abgefangen wird.

Aber all diese Gedanken habe ich in dem Augenblick vergessen, als ich die Reaktion der Länder las.

Da meint etwa Gesundheitsreferent J. Pühringer: „Ich lade den Herrn Präsidenten aber herzlich nach Oberösterreich ein, damit er sich erstens die exzellente Spitalslandschaft und zweitens die gelungene Spitalsreform anschauen kann.“ Deutlicher sein Vorarlberger Kollege Landesrat Ch. Bernhard: „Unsere Spitäler bleiben da, wo sie sind: nämlich bei uns“, weil nämlich jede Schwächung der Länder massive Nachteile für die Patienten hätte. Und aus Tirol erklärt gleich Landeshauptmann Platter im Namen aller Länder (er ist nämlich Vorsitzender der rechtlich völlig unbekannten Landeshauptleitekonferenz, die aber real mehr Macht hat, als jede verfassungsrechtlich festgelegte politische Institution): Man werde es jedenfalls „niemals zulassen“, dass der Bund vorschreibe, wo es in einem Bundesland ein Spital geben soll und wo nicht.

Damit war mir klar um was es geht: Es sind die gnädigen Länder mit ihren segensreichen Spitälern, die zwischen uns und unserem sicheren Tod stehen – und dankbar sollten wir sein, dass wir sooft drinnen liegen dürfen, in den ländlichen Spitäler. Das zu kritisieren oder ändern zu wollen, das kann nur böse sein.

Nutzen einer elektronischen Patientenakte (ELGA)

 Management Summary

 

Die IAS Horn stellt eine Einrichtung dar, die eine abgestufte Versorgung zwischen „rein“ intramural und „rein“ extramural ermöglicht. Als Reformpoolprojekt ist sie weder dem einen noch dem anderen Bereich eindeutig zuzuordnen und kann nach selbsterstellten Regeln arbeiten.

Der gesamte Patientenweg wird elektronisch erfasst. Die elektronische Patientenakte, die historische Informationen über stationäre Aufenthalte im Haus und etwaige Vorbesuche in der IAS enthält, wird bei Aufnahme durch die Administration freigegeben und erscheint auf den Displays in den Behandlungszimmern. Diese sind wie eine „normale“ Hausarztpraxis ausgestattet. Die IAS verfügt weder über ein Labor noch über eine radiologische Ausstattung oder ein Ultraschall (US)-Gerät. Die Behandlungszimmer sind 7 Tage in der Woche, 24 Stunden pro Tag durch Ärzte mit jus practicandi (Allgemeinmediziner AM) besetzt. Das Leistungsspektrum entspricht dem eines niedergelassenen AM (eine Mitgabe von Medikamenten, bzw. das Ausstellen eines Kassenrezeptes, sowie ein „Krankschreiben“ ist NICHT möglich!). Zur Diagnostik können radiologische und labortechnische Dienstleistungen angefordert werden. Sollte für die Entscheidung ambulant statt stationär ein Facharzt-Konsil nötig sein, kann der AM eines anfordern. Verantwortlich für die Entlassung ist der behandelnde AM. Er muss den Akt schließen. Dazu muss eine vollständige Dokumentation vorhanden sein, die auch eine Diagnosen- und Leistungsdokumentation nach standardisierten Katalogen (ICD10 und Katalog ambulanter Leistungen) enthält.

  Weiterlesen „Nutzen einer elektronischen Patientenakte (ELGA)“

Die Gesundheitsziele sind da! – Was ist da?

Ziele haben die (un)angenehmen Eigenschaft, dass man sowohl Effektivität (also den Grad der Zielerreichung) als auch Effizienz (wie viel hat es gekostet, das Ziel zu erreichen) an ihnen messen kann. Aber genau das ist  bei uns politisch nicht gewünscht.

 

Trotzdem wurde vor einem Jahr der Prozess gestartet, Gesundheitsziele zu entwickeln. Und, der Anfang war vielversprechend, wie die Informationsreste auf der eigens eingerichteten Homepage  zeigen. Jetzt wurde das Ergebnis abgeliefert und es ist (erwartbar) ernüchternd.

10 Ziele sollten es sein und sind es geworden. Manches klingt (!) gut, manches aber so als ob man unbedingt auf 10 kommen wollte!

Was soll man beispielsweise unter Ziel 5 „Durch sozialen Zusammenhalt die Gesundheit stärken“ verstehen? Selbst die erläuternden Sätze dazu bieten nichts Konkretes, Messbares, Anzuvisierendes.

Oder wie soll Ziel 8 –„Gesunde und sichere Bewegung im Alltag durch entsprechende Gestaltung der Lebenswelten fördern“ realisiert werden? Werden da die Lagerbestände der ISCH-Pickerl („Kampf dem inneren Schweinehund“-Kampagne von BM a.D. Maria Rauch-Kallat 2003) die das Stiegensteigen statt Liftfahren empfohlen haben, weiterverwertet? Immerhin hat der jetzige Minister ja auch wieder empfohlen Stiegen statt Aufzug zu verwenden! Und wird die Zielerreichung daran gemessen, ob die Lagebestände dann endlich leer sind?

 

 

 

Hier ein paar archäologische links zum iSch: ein NEWS-Artikel, die extra eingerichtete Homepage (was der wohl bezahlt hat, dem sie jetzt gehört, und an wen?)  und im ausführlichen Kontext des damaligen Gesundheitsreform-Vorhaben als Interview.

 

Und besonders witzig, das offenbar informelle „Oberziel“: „Die zehn definierten Rahmen-Gesundheitsziele sind ein wichtiger erster Schritt in Richtung einer gemeinsamen Strategie „Gesundheit für alle“ (Anm.: ein WHO-Ziel seit den 1970ern!). Die Rahmen-Gesundheitsziele sollen konkret dazu beitragen, dass in den nächsten zwanzig Jahren die in Gesundheit verbrachten Lebensjahre im Durchschnitt um zwei Jahre steigen.“ (Anm.: die Wirtschaftskammer  wollte eigentlich 5 Jahre bis 2020 – die sind wohl rausverhandelt worden!)

Einmal abgesehen, dass Ziele der Strategie folgen sollen und nicht umgekehrt, liegen wir international mit diesem Parameter so weit hinten (wohl etwa 6 Jahre!), dass vermutlich alleine die zu erwartende steigende Lebenserwartung dazu führen wird, dass dieses „Ziel“ erreicht wird  –ganz ohne weiterer Anstrengungen. 

 

 

Das was da also verkauft wird, ist ziemlich weich und erinnert eher an „gute Vorsätze“. Das werden sie wohl auch bleiben, selbst wenn jetzt versprochen wird, konkrete Schritte zu erarbeiten. Aber echte, erreichbare oder wenigstens anzustrebende Ziele hätten es wohl gar nicht werden sollen.

Wir hatte ja schon früher und viel besser definierte Ziele nicht eingehalten: z.B. wurden 1989 folgende Ziele für Diabetiker vereinbart und „versprochen“, bis 1994 zu erreichen: (1) Verminderung neuer diabetesbedingter Erblindungen um ein Drittel oder mehr. (2) Verringerung neu auftretenden terminalen Nierenversagens wegen Diabetes um mindestens ein Drittel. (3) Senkung der Zahl von Amputationen aufgrund diabetesbedingter Gangrän um mindestens die Hälfte. (4) Verminderung der Morbidität und Mortalität bei koronarer Herzerkrankung von Diabetikern mittels intensiver Programme zur Verringerung der Risikofaktoren. (5) Normaler Schwangerschaftsverlauf bei Frauen mit Diabetes – Umgesetzt wurde nichts, wie ein ministerieller Evaluierungsbericht aus dem Jahre 2005 gezeigt hat!

Es gibt zwei wesentliche Gründe, warum, Österreich mit „Gesundheitszielen“ Probleme hat.

Auf der einen Seite ist es der steigende Populismus. Das Aufstellen von real erreichbaren Zielen („allen alles auf allerhöchstem Niveau“ zu bieten, ist kein Ziel!), bedeutet Priorisierungen vornehmen zu müssen. Man kann nicht alles gleichzeitig angehen! Aber Priorisierung würde Wählerstimmern kosten, weil halt nicht alle die oberste Priorität erhalten werden.

Auf der anderen Seite ist es die Verteilung der Kompetenzen. Denn wer ist verantwortlich für die Erreichung von Zielen? Solange keine klare Kompetenzverteilung – die eine echte Gesundheitsreform verlangte – existiert, wird man Ziele zwar formulieren, aber nicht erreichen können. Denn nur wenn es klare Verantwortlichkeiten (nicht nur Zuständigkeiten) gibt, kann ein zielorientierter Prozess, der ja viele strukturelle Schnittstellen überwinden muss, auch zum Ziel führen.  Ein Blick in die „Experten“ der jetzigen Gesundheitsziele zeigt DIESES Problem deutlich. Statt dort Namen von Wissenschaftern zu finden, oder überhaupt Namen, finden wir eine endlose Liste von politischen Institutionen – von den Kammern bis zu ORganiationen, die ich nicht einmal kenne wie BAG freie Wohlfahrt oder AKS Austria. Wie sollen diese sich auf was Konkretes einigen? Wer soll da Prozess- und Ergebnisverantwortung übernehmen?

Trotzdem werden jetzt sicher „konkrete nächste Schritte“ folgen, die bei den nächsten Wahlen sehr gut in die Wahlkampfstrategie passen – die ersten sind ja bereits erfolgt, mit dem NAP Bewegung, der natürlich neben hübschen Veranstaltungen auch wieder eine eigene Homepage  hat. Nach den Wahlen, da bin ich sicher wird alles wieder einschlafen – bis die nächsten Wahlen kommen und alles von vorne beginnt.

 

Der EHCI 2012 oder die Beliebigkeit der Gesundheitspolitik

Warum interessiert der Euro Health Consumer Index (EHCI) 2012 niemanden? Weil er keine guten Nachrichten bringt?

 „Österreich absolviert einen Sturzflug auf der Rangliste des Euro Health Consumer Index (EHCI) 2012  […]. Österreich erhielt 737 Punkte und fällt damit von Rang 4 (2009) (Anm:. 2007 Rang 1) auf Rang 11. […] Österreich stellt seine Ärzte noch immer höher als seine Patienten. Das System ist weder transparent noch benutzerfreundlich. Österreich zeigt überraschende Schwächen bei grundlegenden öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen wie Kinderimpfungen oder Mammographien. Die Diagnosen sind mittelmäßig. Die Inanspruchnahme von E-Health erfolgt nur langsam und das kann die Patientensicherheit und -transparenz gefährden. […] Der Leistungseinbruch im Gesundheitssystem ist alarmierend und Brüssel sollte sich, in Anbetracht der Tatsache, dass sich die EU die Reduzierung der Lücken im Gesundheitssystem zum Ziel gesetzt hat, darüber Gedanken machen!“

Schmeichelhaft sind sie nicht die Aussagen, die im EHCI 2012 stehen. Und vielleicht gerade deswegen reagiert absolut niemand auf diesen jetzigen Bericht.

Beim EHCI 2007als wir erster wurden, war das ganz anders. Da überschlugen sich Politiker aller Ebenen und Institutionen im Lob unseres „weltbesten Gesundheitssystems“. Vor allem die Ärztekammer fiel da mit euphorischen Aussagen auf, wohl um jegliche Reformbestrebungen abzuwürgen – denn das Beste kann eben nicht wirklich verbessert werden:

Nun, damals war der EHCI schon kein Maßstab für die Systemqualität und er ist es heute auch nicht. Es gab zwar methodisch massiv Verbesserungen, aber der Index bleibt unsicher. Das betonen auch die Autoren dieses Werkes immer wieder. Sie wollen gar nicht wissenschaftlich sein. Der Index will Anregung zur Verbesserung liefern, keine rigide Messschnur darstellen – Eine  Botschaft, die bei uns nie angekommen ist!

Schon wie 2007 (und Folgejahren) sind selbst bei oberflächlicher Analyse auch die Bewertungen des EHCI 2012 oft nicht haltbar. So gibt es beispielsweise weiters kein „Recht auf eine Zweit-Meinung“, obwohl es (wieder einmal) behauptet wird.

Ohne auf Details einzugehen, auch 2012 sind viele Angaben falsch, und wie bereits seit jeher, besonders dort, wo sich die Autoren nicht auf Daten sonder auf Befragungen von Akteuren der Szene verlassen müssen. Eine Neubewertung, die auf Fakten und nicht politischen Wunschvorstellungen beruht, ließe uns gar auf Platz 17 (nach Deutschland, Tschechien und Slovakei) zurückfallen, sofern die anderen nicht ebenso schöngefärbt und geflunkert haben wie wir. Soweit ich aber die Szene kenne, ist das Gesundbeten um jeden Preis eher ein Österreich-Spezifikum.

Aber, um das geht es ja gar nicht. Es geht darum, dass unsere Politik nur mehr Jubelmeldungen haben will! Kritik, wird ignoriert. Die Kritikkompetenz der Gesundheitspolitiker tendiert gegen null. Genaugenommen ist sie wohl dort schon angekommen. Aber ohne Kritikkompetenz ist die Gestaltung der Zukunft nicht möglich. Und es scheint, als hat der Gestaltungswille dem reinen Machtwillen der Akteure das Feld endgültig überlassen.

Abo-Literatursevice: Euro Health Consumer Index 2012

„Österreich absolviert einen Sturzflug auf der Rangliste des Euro Health Consumer Index (EHCI) 2012 […]. Österreich erhielt 737 Punkte und fällt damit von Rang 4 (2009) (Anm:. 2007 Rang 1) auf Rang 11. […] Österreich stellt seine Ärzte noch immer höher als seine Patienten. Das System ist weder transparent noch benutzerfreundlich. Österreich zeigt überraschende Schwächen bei grundlegenden öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen wie Kinderimpfungen oder Mammographien. Die Diagnosen sind mittelmäßig. Die Inanspruchnahme von E-Health erfolgt nur langsam und das kann die Patientensicherheit und -transparenz gefährden. […] Der Leistungseinbruch im Gesundheitssystem ist alarmierend und Brüssel sollte sich, in Anbetracht der Tatsache, dass sich die EU die Reduzierung der Lücken im Gesundheitssystem zum Ziel gesetzt hat, darüber Gedanken machen!“

Schmeichelhaft sind sie nicht die Aussagen, die im EHCI 2012 stehen. Und vielleicht gerade deswegen reagiert absolut niemand auf diesen jetzigen Bericht.

Enthalten sind alle Unterlagen des EHCI 2012, wie sie auch hier runtergeladen werden können, sowie eine kritische Analyse.

Weiterlesen „Abo-Literatursevice: Euro Health Consumer Index 2012“

EHCI 2012: Europas 17.schlechtestes Gesundheitssystem!

Kritische Betrachtung des Euro Health Consumer Index© 2012

 

 

„Österreich absolviert einen Sturzflug auf der Rangliste des Euro Health Consumer Index (EHCI) 2012, als dieser am 16.5. im Europäischen Parlament in Brüssel vorgestellt wurde. […] Österreich erhielt 737 Punkte und fällt damit von Rang 4 (2009) (Anm. 2007 Rang 1) auf Rang 11. […] Österreich stellt seine Ärzte noch immer höher als seine Patienten. Das System ist weder transparent noch benutzerfreundlich. Österreich zeigt überraschende Schwächen bei grundlegenden öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen wie Kinderimpfungen oder Mammographien. Die Diagnosen sind mittelmäßig. Die Inanspruchnahme von E-Health erfolgt nur langsam und das kann die Patientensicherheit und -transparenz gefährden. […] Der Leistungseinbruch im Gesundheitssystem ist alarmierend und Brüssel sollte sich, in Anbetracht der Tatsache, dass sich die EU die Reduzierung der Lücken im Gesundheitssystem zum Ziel gesetzt hat, darüber Gedanken machen!“

 

Schmeichelhaft sind sie nicht die Aussagen, die im EHCI© 2012 über Österreich stehen.

 

Nun, der EHCI© war nie ein wissenschaftlicher Maßstab für die Systemqualität und er ist es heute auch nicht. Gesundheitssystem-Forschung geht einfach anders! Es gab zwar im Laufe der Jahre (seit 2007 sind mehrere Indices veröffentlicht worden) methodisch massiv Verbesserungen (die Daten werden besser recherchiert, Aussagen von nationalen Autoritäten werden nicht mehr unbedingt als bare Münze genommen etc.), aber der Index bleibt unsicher und misst wohl nicht wirklich das, was er messen will. Auch die Autoren dieses Werkes betonen immer  wieder, das der Index gar nicht wissenschaftlich sein will und nicht zu einfachen Schlüssen führen darf.

Zudem ist der Index so aufgesetzt, dass er nur Relativwerte wider gibt; man kann also einfach deswegen schlechter werden, weil die anderen sich verbessern! Die Grundsätzliche Idee ist,  Anregung zur Verbesserung zu liefern! – Eine  Botschaft, die bei uns nie angekommen ist!

 

Der EHCI© 2012 besteht aus fünf Untereinheiten, die ihrerseits durch mehrere Indikatoren definiert werden. Insgesamt gibt es 43 Indikatoren, für jeden werden (willkürlich) Referenzwerte festgelegt, die eine Einteilung in die „Qualitäten“ rot, gelb und grün ermöglicht. Zudem gibt es auch ein Punktesystem, bei dem maximal 1000 Punkte erreicht werden können.

Im Wesentlichen werden die Indikatoren aus mehr oder weniger leicht zugänglichen Daten (einer Mischung aus offiziellen Statistiken, publizierten Studien und Befragungen von nationalen Funktionären) gebildet und so zusammengestellt, dass sie geeignet scheinen, Aussagen über die Patientenfreundlichkeit eines Gesundheitssystem zu treffen.

 

Wir haben in Summe 737/1000 Punkten erreicht und landen damit auf Platz 11. Wie die unten stehende Analyse zeigt, sind auch diesmal viele Angaben falsch, besonders dort, wo sich die Autoren auf Befragungen von Funktionären verlassen müssen. Eine Neubewertung, die auf Fakten und nicht politischen Wunschvorstellungen beruht, führt zu einem Abzug von 71 Punkten, womit wir statt den ausgewiesenen 737/1000 Punkten nur 666 erreichen und damit auf Platz 17 (nach Deutschland mit 704 und Tschechien mit 694)) von 34 landen dürften (sofern bei den anderen Ländern nicht ebensolche Fehler zu finden sind!).

 

Der EHCI 2012 wurde übrigens mit unbegrenzten Fördergeldern von EFPIA (europäischer Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen und einzelner Pharmaunternehmen), Pfizer Inc., Novartis SA und Medicover SA unterstützt.

 

 

Hintergrund: Detail-Analyse

  Weiterlesen „EHCI 2012: Europas 17.schlechtestes Gesundheitssystem!“