Turnusärzte – das Leiden geht weiter!

Ein drohender Ärztemangel ist ein hervorragendes Thema um Interessen durchzusetzen – hoffentlich fallen nicht alle darauf rein.

Die Linzer wünschen sich dringend eine eigene Med-Uni, denn ein Ärztemangel droht, der nur mit einer solchen zu beheben ist. Und anhand einiger Indikatoren meint man den Mangel zu sehen. Kassenstellen sind immer schwerer nachzubesetzen und selbst in Spitälern wird es schwerer, Ärzte zu finden – vor allem in kleinen Landspitälern. Alles deutet auf eine Mangel hin, der größer werden soll, weil eine Pensionierungswelle durch den Kassenbereich gehen wird. Doch ist der Mangel real?

Beginnen wir mit den OECD-Zahlen. Dort liegen wir, was die Zahl der Ärzte betrifft, an sechster Stelle (von 31) und haben sieben Prozent mehr (!) Ärzte als Deutschland, das Mangelerscheinungen hat. Genauer geschaut, rechnen die Deutschen (OECD-konform) auch ihre Ärzte in Ausbildung mit, die wir weglassen. Zählt man die dazu, haben wir 30 (!) Prozent mehr Ärzte als die Deutschen – und trotzdem einen Mangel?

Natürlich nicht, im Gegenteil, eine Schwemme. Nur: Unsere Ärzte wollen immer weniger im System arbeiten und suchen (freiwillig?), sich außerhalb zu verwirklichen – als Wahlärzte!

Bei den Hausärzten drohe der größte Mangel, sagt man. Und das stimmt, aber nicht weil wir zu wenige Ärzte haben. Dass sich Turnusärzte am Ende der heutigen Ausbildung nicht trauen, Kassenhausärzte zu werden, ist verständlich. Überall hat man erkannt, dass der Hausarzt als Facharzt ausgebildet werden muss; es reicht keinesfalls, ihn im Spital Blut abnehmen und Spritzen geben zu lassen. Doch gibt es hierzulande so einen Facharzt? Nein. Glaubt man Gerüchten, dann ist sogar die Arbeitsgruppe, die seit Jahren tagt um diesen einzuführen, vertagt. Und warum? Weil die Länder billige Turnusärzte brauchen, um die vielen unnötigen Spitäler betreiben zu können. Würden Turnusärzte zum Facharzt ausgebildet, dann gäbe es viel weniger als heute. Die Länder wären gezwungen, Ärzte zu höheren Gehältern fix aufzunehmen – was sie sich nicht leisten wollen.

Kommen wir zu Pensionierungswelle. Seit 1995 ist die Zahl der Kassenärzte (obwohl die Arbeit mehr wurde) gleich geblieben. Und weil davor die Zahl gestiegen ist, kommt es jetzt zu einer scheinbar mangeltreibenden Pensionierungswelle. Da aber in der gleichen Zeit kontinuierlich etwa 900 Ärzte jährlich zu arbeiten begonnen haben, gibt es genügend Ärzte –

nur eben nicht Kassenärzte, weil es keine Stellen gab. Und so stehen den etwa 8.000 Kassenstellen aktuell 10.000 Wahlärzte gegenüber, die, wenn es attraktiv genug wäre, auch wieder ins Kassensystem zurückkehren.

Also warum wird der Ärztemangel beschworen?

Da sind einerseits die Ärztekammer und deren eigenes Pensionssystem. Analog dem öffentlichen wurde es auf einem Generationenvertrag errichtet, das nur funktioniert, wenn die „Alterspyramide“ eine Pyramide bleibt, also immer mehr Ärzte hinten nachkommen – bis quasi alle Österreicher Ärzte sind. Passiert das nicht, dann wird es schmerzhafte Einschnitte bei den Ärzte-Pensionen geben müssen – das gilt es zu verhindern.

Die zweite Interessenslage betrifft die nun auftretenden Finanzierungsschwierigkeiten in Oberösterreich. Die (rote) Stadt Linz braucht Geld, um ihr Prestige-Spital zu finanzieren. Das (schwarze) Land will dieses Geld nicht hergeben. Ergo braucht es neue Quellen – den Bund. Hätte nämlich Linz eine Med-Uni, dann müsste der Bund die Spitäler mitfinanzieren – und das Problem wäre gelöst!

An die Turnusärzte und deren Zukunft denkt dabei keiner.

Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

Nur Mut, Herr Dr. S.!

Jeder hat gesagt es geht nicht. Dann kam einer, der hat das nicht gewusst und es einfach gemacht! Ob der Hauptverbandschef so einer ist?

„Wenn man seit langem die Diagnose über das österreichische Gesundheitssystem kennt, wenn man alle Daten, Fakten und Zahlen am Tisch hat und trotzdem nichts unternimmt, um den drohenden Kollaps oder sogar Infarkt abzuwenden, dann ist das Selbstmord mit Anlauf.“

Sowas hört man eigentlich nur von Experten, die es sich leisten wollen, nach dem Motto „Viel Feind, viel Ehr“ zu leben. Von hohen System-Vertretern ist das nicht zu hören. Dr. Schelling war da immer schon anders. Sogar während der ersten Monate seiner Hauptverbandstätigkeit war von ihm noch mit harter (Selbst)Kritik zu rechnen. Allerdings verflachte er dann für einige Zeit – um sich nun stark zurückzumelden.

Acht bis zehn Milliarden Euro Schulden (Anm.: 100 Prozent Verschuldung, gemessen am Jahresumsatz) lägen in den Spitälern verborgen und Unwilligkeit wird als Unmöglichkeit getarnt – ja, so was hört man nicht gerne.

Ob jedoch brennende Reden ausreichen? Die Länder blockieren selbst unter Bruch von Gesetzen und m.E. sogar der Verfassung. Das darf nicht verwundern, hat doch heute eine rechtlich nicht einmal vorhandene Landeshauptleutekonferenz mehr Macht als die vielen legislativen Einrichtungen, von Landtagen, über Bundesrat bis zum Nationalrat.

Wenn also Dr. S. wirklich was ändern will, dann müssen mutigen Reden noch mutigere Taten folgen. Und da gäbe es tatsächlich etwas!

Die stationäre Spitalsversorgung (ohne Ambulanzen) kostet etwa acht Milliarden Euro, 3,5 davon kommen von den Kassen. Pro Patient heißt das, dass von etwa 3.200 Euro die Kassen 1.400 beisteuern.

Dass bei uns viel zu viel im Spital behandelt wird, ist Allgemeinwissen. Werden bei uns pro 100 Einwohner etwa 30 Aufnahmen gezählt, kommt Deutschland, an zweiter Stelle in der EU, mit 20, die EU mit 17, die Niederlande gar nur mit 11 aus.

Was also, wenn der Hauptverband hergeht und pro Aufnahme, die seine Vertragspartner, die Kassenärzte, nachweislich verhindern, einfach 1.000 Euro einbehält. 500 Euro kriegen die Kassenärzte und 500 werden zum Schuldenabbau verwendet. Was hätte das für Folgen?

Die Kassenärzte würden mehr Geld verdienen, allerdings nur, wenn sie auch versorgungswirksamer werden – es ist also nicht nur eine Gehaltserhöhung, sondern ein echter Leistungsanreiz, der wirklich ambulant vor stationär fördert.

Gleichzeitig würden jene, vorwiegend kleine, Spitäler, die zu einem Gutteil von unnötigen Aufenthalten leben, unter noch größeren Druck geraten. Der Druck wäre so groß, dass die Länder über Spitalsreformen reden müssen, sollen ihre Defizite nicht in astronomische Höhen schnellen.

In den großen Spitälern wiederum würde viel sinnlose Arbeit verschwinden, weil Patienten, die eigentlich nicht ins Spital gehören, wegfallen. Die Ärzte könnten sich wieder auf „echte“ Fälle konzentrieren. Auch entstünden Freiräume, die dringend nötig sind, um die Ausbildung der Jungärzte auf ein „normales“ Niveau zu heben und den Spitalsärzten Zeit zur Fortbildung zu verschaffen.

Und alles zusammen würde patientenfreundlicher und qualitativ besser werden!

Das wäre toll, würde aber Blut, Schweiß und Tränen kosten; denn, Länder und Interessensgruppen – immerhin verdienen abertausende mit überflüssigen Spitälern sehr bequem ihr Geld – werden alles tun, das zu verhindern Es würde Klagen hageln und an jeder Ecke das Leichentuch gehisst werden. Aber das ginge vorbei und ein mutiger Redner könnte als mutiger Sozialreformer in die Geschichte eingehen.

Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

Enttäuschte Hoffnungen

Die aktuelle Diskussion über teure aber kaum nützliche Therapien ekelt mich an. Sie ist unerträglich scheinheilig und verlogen – von allen Seiten.

1994 starb meine Mutter an den Folgen eines Melanoms, dem schwarzen Hautkrebs. Nach der operativen Entfernung dieses kleinen schwarzen Punktes auf ihrem Arm, war sie sieben Jahre beschwerdefrei und galt als geheilt. Doch dann tauchten Metastasen auf, in Leber und Bauchraum. Sie erhielt neuerlich Chemotherapie, und wirklich, die Metastasen wurden kleiner.

Irgendwann begann ihr rechtes Bein zu zucken. Innerhalb weniger Tage war sie halbseitig gelähmt. Mehrere Hirnmetastasen hatten sich gebildet – die man nun in Graz mit dem Gamma-Knife entfernen wollte.

Tatsächlich erholte sich meine Mutter postoperativ und die Lähmungen gingen zurück. Nach Wochen der Rehabilitation konnte sie sogar wieder selbst gehen. Einen Tag lang, dann begann das linke Bein zu zucken.

Die nächsten und letzten Monate fiel meine Mutter in eine tiefe Depression. Sie war auf der linken Seite komplett gelähmt und musste gewickelt werden. Ich sah damals meine Mutter das erste Mal nackt. Regelmäßig erhielt sie Einläufe, weil Morphium und fehlende Bewegung ihre Verdauung lahm legte.

Während all dieser Zeit schaute sie mir kein einziges Mal mehr in die Augen.

Unsere Familie hat den höchsten Preis bezahlt, den man bezahlen konnte – mit enttäuschten Hoffnungen eines Todgeweihten.

Warum ist das passiert, habe ich mich später oft gefragt. Warum die neuerliche Chemo, warum diese Hirnoperationen?

Sind wirklich die Hersteller von Medizingeräten und Medikamenten schuld, dass so viele falsche Hoffnungen gesät werden? Das zumindest könnte man meinen, wenn man die Diskussion über teure aber kaum nützliche Therapien verfolgt.

Machen wir es uns damit nicht zu leicht? Sind wir nicht selbst schuld an diesem Irrsinn. Wir alle wollen doch, dass alles getan wird, um länger zu leben. Wir fragen nie nach dem Preis dafür.

Wie oft werden in sterbenskranke Krebspatienten die teuersten Medikamente gestopft, ohne echte Chance auf Heilung? Ist denn wirklich alles Machbare auch ein Muss? Verweigern wir nicht schlicht die Diskussion über den Tod, und ziehen uns aus Bequemlichkeit und Feigheit auf den Standpunkt zurück, dass alles, was machbar ist, gemacht werden muss?

Natürlich hat die Politik Mitschuld – statt die Diskussion über den Nutzen von Therapien zu führen, zieht sie sich darauf zurück, allen alles auf allerhöchstem Niveau zu versprechen. Aber sind es nicht wir, die wir sie dann für diesen Populismus mit Wahlsiegen belohnen?

Auch die Ärzte tragen Schuld, weil sie in diesem Klima der falschen Hoffnungen dem Patienten selten seine realen Chancen darstellen. Wenn eine winzigste Chance existiert, dann wird diese aufgeblasen als ob wirklich Heilungschancen bestünden.

Auch die Industrie ist nicht schuldlos – aber von allen ist sie wohl die unschuldigste. Solange wir der Überzeugung sind, dass Gesundheit unendlich viel Wert ist, solang wir bereit sind, das Leben um jeden Preis zu verlängern, darf es nicht wundern, dass uns jemand dazu ein Angebot macht. Solange wir uns der ethisch schwierigen Frage entziehen, wann genug ist, solange werden wir Medikamente und Geräte kaufen, die fähig sind zu horrenden Preisen – und da meine ich gar nicht nur Geld, sondern vor allem die Verzweiflung nach enttäuschter Hoffnung – ein wenig mehr Zeit herauszuschinden.

Ich bin schuld, dass meine Mutter so leiden musste, ich habe mich nicht gegen diese Übertherapien gewehrt – ich habe die Augen geschlossen und es geschehen lassen.

Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

Krebsangst, Prävention und Geschäftemacherei

Weder das Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen, noch Ministerium noch Ärztekammer scheint die Vorsorge-Scharlatanerie zu interessieren.

Frau M. ist 63 und Raucherin. Sie weiß ja, dass das nicht gesund ist, aber sie raucht nicht viel. Allerdings sind sie und ihr Mann seit einem Jahr in Pension und das Leben mit einer stattlichen Pension hat dermaßen viel an Lebensqualität geschaffen, dass sie begonnen hat, sich Gedanken zu machen. Schließlich will sie noch ein paar Jahre reisen und die Welt sehen – gesund.

Und wie es so ist, hat sie aus der Zeitung erfahren, dass es jetzt Hunde geben soll, die Lungenkrebs erschnüffeln können. Und weil angeblich die Heilungschancen am höchsten sein sollen, wenn man Lungenkrebs möglichst früh erkennt, ist sie froh zu lesen, dass mit dem Lungen-Krebs-Finder dieser bereits ab dem Stadium 0 (?) zu erkennen ist.

Der Test ist einfach. Man bestellt einen Ballon, bläst hinein und schickt ihn an die Firma zurück. Dort schnüffeln speziell ausgebildete Hunde daran; und wenn diese anschlagen, hat man Krebs.

Als das Ergebnis kommt, steht fest, Frau M. hat wahrscheinlich (!) Krebs. Ihr Leben stürzt zusammen.

Sie begibt sich sofort zum Arzt und lässt haufenweise Untersuchungen über sich ergehen – die aber alle keinen Krebs finden. Eigentlich könnte sie ja froh sein, aber, wie man von der Lungen-Krebs-Finder-Firma erfährt, sind alle Untersuchungen nur begrenzt sicher. Sie könnte Krebs haben, auch wenn man keinen findet.

Angst beherrscht jetzt ihr Leben. Gott sei dank erzählt ihr eine Freundin von einem Professor, der dank überragendem Können anderen Ärzten überlegen ist.

Eigentlich ist der Professor ja gar keiner, er ist nur Dozent, was aber für die meisten das gleiche ist. Der Title jedoch ist Garant für Qualität. Und mit Überzeugung gibt der Professor an, dass es in der Jetztzeit nicht mehr notwendig ist, an Krebs zu erkranken. Er hat auch einen Test, der nicht nur alle Krebsvorstufen weit vor allen anderen Untersuchungsmethoden erkennt, sondern auch gleich heilt. Nur wenn es besonders starke Vorstufen sein sollten, sind zusätzliche – orthomolekulare oder energetische – Therapien nötig; die er auch anbietet.

Um sicher zu gehen, nimmt Frau M. die Angebote in Anspruch. Sie erhält mehrmals jährlich Tachyionentherapien (Sitzen zwischen energetisch geladenen Kristallen), Colonhydrotherapien (Einläufe) und sogar ein Mal eine Ozontherapie (Einblasen von Ozon in den Bauchraum). Natürlich besucht sie auf Anraten des Professors auch häufig Schulmediziner um Unmengen an kostspieligen (aber von der Öffentlichkeit bezahlten) Tests durchführen zu lassen. Mit diesen Befunden kommt sie dann zurück zur Dunkelfeldmikroskopie, um sie sich erklären zu lassen. Und den Hunde-Test wiederholt sie auch.

In Summe kostet sie das mehrere Tausend Euro pro Jahr – die sie vom Reisebudget abzwackt. Frau M. wird zwar nicht mehr reisen, aber dafür sicher (?) gesund bleiben.

Tja – Krebsprävention ist eine echt gute Geschäftsidee: Man nimmt ein bisschen Krebs, gibt wissenschaftlich klingende Maßnahme dazu und erhält eine Gelddruckmaschine – die dank der Krebsangst unaufhörlich läuft.

Wenn man eine einfache Pilzsalbe kaufen will, braucht man ein Rezept. Wenn man aber an Scharlatanerie erinnernde Therapien kaufen will, dann macht man das einfach – denn Therapien die Krebsangst schüren und so psychische und soziale Probleme auslösen, sind rezeptfrei; auch wenn sie schädlich und für alle (auch gesunde Steuerzahler!) sehr teuer sind. Die Offiziellen dürfte das nicht interessieren – es gibt Wichtigeres.

Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

ELGA und der politische Sumpf

Rund um die ELGA geht nichts weiter? Doch, Pfründe und Lehen werden verteilt – unter den üblichen Verdächtigen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Sie gehen zum Arzt, geben ihre E-Card ab und der Arzt kann sich über relevante Befunde, inklusive der Medikamente, die Sie nehmen, informieren. Er soll alle Informationen haben, die er braucht, um Ihren Fall richtig einzuschätzen und gemeinsam mit Ihnen die richtige Therapie zu finden. Eine Therapie, die anderen nicht widerspricht oder diese gar unwirksam macht, eine Therapie, die zu Ihrer individuellen Situation passt. So soll gute medizinische Versorgung im 21. Jahrhundert funktionieren.

Ist das so schwer zu verstehen? Nein! Ist das in der heutigen Zeit, in der Medizin spezialisiert und unübersichtlich ist, nötig? Ja! Und wie kann man das anstellen – mit der ELGA, der elektronischen Gesundheitsakte.

Natürlich ist das Umsetzen nicht einfach; wenn man wollte, könnte man aber. Doch nichts passiert, stattdessen wird rund um die ELGA der Sumpf immer tiefer.

Zwar loben jene, die sich mehr um Macht als den Patienten kümmern, die Fortschritte in dieser endlosen Geschichte. So soll es ein Meilenstein sein, dass aus der früheren ELGA-Arbeitsgruppe nun eine GmbH wurde. Genauer betrachtet hat sich aber nichts geändert, außer vielleicht, dass es jetzt zwei gut bezahlte Geschäftsführer gibt – einen schwarzen und einen roten! Und weil es ins Bild passt, sind auch gleich nebulose Immobiliendeals im Umfeld zu vermuten. Meilensteine eben!

Aber auch das Paradestück der ELGA, die sogenannte E-Medikation ist so eine Sache. Angeblich bereits zu 99,9 Prozent fertig, schaut die Realität anders aus.

Nachdem man (wer und warum?) sich nicht einigen konnte, was in dieser elektronischen Medikamentenliste stehen soll, greift man auf den „guten“ alten Arzneimittelsicherheitsgurt (AMSG) zurück.

Der Grund, warum man sich nicht einigen konnte, ist ein Klassiker. Die Apotheker wollen keinesfalls auch jene Medikamente eintragen, die sie ohne Einbindung von Ärzten verkaufen. Das betrifft meist rezeptfreie Produkte. Da stört es nicht, wenn die Evaluierung des AMSG zeigt, dass gerade bei den rezeptfreien Produkten der Wechselwirkungsalarm häufiger ausgelöst wurde, als bei den rezeptpflichtigen. Es ist also klar, sollte eine elektronische Medikamentenliste funktionieren, muss eben alles drinnen stehen. Aber man kann sich doch nicht in die Karten schauen lassen! Patientensicherheit hin oder her!

Apropos Evaluierung; die vorliegenden Daten sind so schlecht und ungenügend, dass keine, dem Patienten hilfreiche, Umsetzung zu erwarten ist. Das macht aber nichts. Das Ministerium kauft den Apothekern den AMSG trotzdem ab, für 1,9 Millionen Euro. Kaum jemand wird sich erinnern, dass der AMSG als geschenkter Beitrag der Apotheker zu Gesundheitsreform 2006 gefeiert wurde. Die Kosten haben damals 640.000 Euro ausgemacht, die Hälfte kam vom Hauptverband. So wie es jetzt aussieht, können sich die Apotheker freuen. Ihr angebliches Geschenk wird, nur drei Jahre später, 1,6 Millionen Gewinn abwerfen. Und weil der AMSG in der jetzigen Form nicht für eine österreichweite Umsetzung geeignet ist, wird er dann gleich um 1,2 Millionen umgebaut – alles aus Steuergeldern!

Und damit ja kein Geld oder Einfluss verloren geht, wird das ganze „in-House“ gemacht. Externe, private Firmen kommen nicht zu Zug, selbst wenn das nicht EU-konform ist. Wen interessiert’s? Wer aus Wettbewerbsgründen klagen will, der wird sehen, was er davon hat, sich mit den Mächtigen anzulegen. Geschäftsfördernd wäre so etwas sicher nicht!

Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.