Die Willkür bei den selbständigen Ärzten

Je nach Wunsch der Exekutive (vor allem Landersregierungen) macht die Legislative Gesetze, die pläsieren.

Weiterlesen: Die Willkür bei den selbständigen Ärzten

   Wenn ein Kassenarzt seine Ordination länger schließen muss, hat er für Vertretung zu sorgen. Das ist einleuchtend, denn die Menschen müssen versorgt werden. Dank europaweit höchster Ärztedichte, hat es sich eingebürgert, Vertretungsärzte in die eigene Ordination zu holen. Diese besitzen meist keine eigene Ordination, weswegen sie ihre ärztliche Tätigkeit ohne fixen Arbeitsplatz ausüben.

   Aktuell haben Gewerkschaften der Scheinselbständigkeit den Kampf angesagt und quälen vor allem Ein-Personen-Unternehmen, weil sie deren Tätigkeiten oft nicht als selbständige Arbeit anerkennen. „Mit dem Selbständigmachen werden vielfach normale Dienstverhältnisse umgangen und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen ausgehebelt“, sagt Gewerkschafter Wolfgang Katzian. Ein freier Mitarbeiter darf nämlich weder an einen vorgegebenen Arbeitsplatz noch eine vorgeschriebene Arbeitszeit gebunden sein. Ist er das, ist er scheinselbständig – dann drohen für Arbeitgeber Beitrags-Nachzahlungen an die Sozialversicherungen.

   Dem freien Mitarbeiter, dann als Unselbständiger eingestuft, stehen alle arbeitsrechtlichen Vorgaben zu, auch der bezahlte Urlaub – liegt Vorsatz vor, bis zu 30 Jahren rückwirkend. Es könnte durchaus sein, dass Vertretungsärzte, vor allem, wenn sie regelmäßig den gleichen Arzt vertreten, eigentlich Scheinselbständige sind. Wohl aber bei weitem nicht alle.

   Geht es jedoch um Notärzte im öffentlichen Notarztwesen, ist klar, dass diese nie selbständig sein können; weswegen sie seit eh und je angestellt sind. Nun begrenzt ein neues Gesetz für angestellte Ärzte deren Arbeitszeit auf 48 Stunden pro Woche –wobei alle unselbständigen Arbeitsverhältnisse zusammenzuzählen sind.

   Das macht Probleme; viele Notärzte, die bisher „freiwillig“ aus umliegenden Spitälern kamen, verbringen nun dort ihre gesamte erlaubte Arbeitszeit. Für das Notarzt-Dasein fehlt die Zeit. Da öffentliche Auftraggeber aber nie Lohn- und Sozialdumping betreiben, Dienstverhältnisse umgehen oder gar arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen aushebeln wollen, also die Guten sind, hat Sozialminister und Ex- Gewerkschaftschef Rudolf Hundstorfer auf Anraten diverser Landesregierungen beschließen lassen, dass Notärzte aus dem Gesetz der Scheinselbständigkeit zu fallen haben. Sie dürfen nun legal selbständig an vorgeschriebenen Orten zu vorgeschriebenen Zeiten ihre Arbeit verrichten. Diese „nicht-schein“-selbständige Arbeitszeit berührt das neue Arbeitszeitgesetz nicht und macht Arbeitszeiten über 48 Stunden pro Woche wieder möglich. Problem gelöst!

   In einem anderen Fall, in dem es dringend wäre, das neue Arbeitszeitgesetz zu überdenken, geschieht übrigens nichts. Gemeint sind Universitäten. Dort muss mit einem befristeten Vertrag neben der Facharztausbildung noch Forschung und Lehre in 48 Wochenstunden untergebracht werden. Das ist praktisch unmöglich.

   Entweder wird es in absehbarer Zeit keine gute Ärzteausbildung mehr geben, oder aber keine guten Wissenschafter.

   Mangels Interesse der Landesfürsten ist das kein Problem, womit auch kein pläsierendes Problemlösungsgesetz nötig ist.

„Wiener Zeitung“ Nr. 230 vom 26.11.2015  

Statt Gesundheitsreform, lieber Pharma-Bashing

Weil in der Gesundheitsreform nichts weitergeht und nun auch der Finanzplan zu scheitern droht, zeigt die Gesundheitspolitik ihren Zynismus.

Von Dr. Josef Probst abwärts argumentiert jeder Kassenmitarbeiter und Beamter mit politischem Hintergrund, dass Medikamentenpreise dermaßen stark steigen, dass es zu einer für das Kassensystem unerträglichen Schieflage kommt, die staatlich korrigiert werden muss. Deswegen ein gesetzlicher Zwangsrabatt, der dazu beitragen soll, die jährliche Ausgabensteigerung der sozialen Krankenversicherung zu stabilisieren.

Für bewilligungsfreie Medikamente ist ein Zwangsrabatt von 3 Prozent, für chefarztpflichtige Medikamente ein Rabatt von 7 Prozent, und für Medikamente, die nicht im Erstattungskodex (EKO) angeführt sind von 15 Prozent angedacht. Macht in Summe jährlich etwa 125 Mio. Euro, oder 6 Prozent des Umsatzes den Pharmaunternehmen mit den Krankenkassen erzielen.

Weiterlesen „Statt Gesundheitsreform, lieber Pharma-Bashing“