Gesundheitspolitik wie gehabt – das Ende der Reform

Anlässlich von Wahlen kommen die Interessen immer am klarsten hervor – die Gesundheitsreform ist dabei völlig uninteressant.

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   Das Burgenland wählt am 31. Mai, und so verspricht Landeshauptmann Hans Niessl eine neue Spitalsabteilung, eine Urologie, in Kittsee.

   Das Spital Kittsee steht wegen der Nähe zum nächsten Spital in Hainburg (11 Autominuten; beide 50 Autominuten von Wien entfernt) schon lange in der Schließungsdiskussion – nicht grundlos. Beide Spitäler sind wegen ihrer Grenzlage eigentlich völlig deplatziert und könnten ersatzlos gestrichen werden, da ihre Einzugsgebiete einfach von angrenzenden Spitälern mitversorgt werden könnten.

   Doch statt diese Spitäler zu schließen, bekommt Kittsee jetzt sogar eine hochspezialisierte Abteilung, eine Urologie – spannend, 1969 hat die WHO angemerkt, dass „hochspezialisierte Fächer (zum Beispiel Urologie) auf zu viele und zu kleine Standorte verteilt sind“: Eine Erkenntnis, die offenbar nicht angekommen ist.

   Aber vielleicht ist ja im Rahmen der Gesundheitsreform diese Abteilung nötig?

   Die Reform möchte „die Versorgungsdichte bedarfsorientiert anpassen, insbesondere durch die Reduktion der Krankenhaushäufigkeit und den Abbau bzw. die Verhinderung von Parallelstrukturen.“

   In den burgenländischen Zielsteuerungsverträgen steht nichts von einer Urologie in Kittsee, was aber nichts heißt, weil dem Bund ja nur ein Minimum gemeldet wird – es könnte sein, dass Land und Kassen gemeinsam festgestellt haben, das nördliche Burgenland ist urologisch unterversorgt.

   Doch ein Blick in die gesetzlich vorgeschriebenen Planungsunterlagen zeigt, dass die Region rund um Hainburg-Kittsee urologisch von Wiener Neustadt, Mödling, Wien und Mistelbach mit mehr als ausreichend vorgehaltenen Betten mitversorgt wird. Von jedem Punkt der Region aus kann eines der Spitäler innerhalb von 45 Fahrminuten erreicht werden – 60 Minuten wäre die gesetzliche Vorgabe, die international betrachtet ohnehin zu niedrig angesetzt ist.

   Eine Abteilung muss mindestens 25 Betten haben. Um die einigermaßen sinnvoll zu füllen, muss das Einzugsgebiet 220.000 Einwohner groß sein. Wo wohnen die? Oder ist angedacht, die Abteilung von Mistelbach bis Wiener Neustadt zu verkleinern? Eher nicht.

   Also stationär kann da keine Unterversorgung bestehen, die neue Abteilung wird demnach eine bedarfsunnötige Erhöhung der Versorgungsdichte und eine Parallelstruktur darstellen.

   Es könnte aber sein, dass, wie die Reform vorschreibt, mit den Krankenkassen ein Versorgungskonzept nach dem Prinzip „ambulant vor stationär“ besteht, weil diese es aber nicht schaffen, ausreichend Kassenstellen zu besetzen, muss eine Abteilung samt Ambulanz eingerichtet werden? Nun, auch das ist irgendwie nicht der Fall. Burgenland Nord verfügt über eine völlig durchschnittliche Versorgungsdichte mit Urologen – also keine Unterversorgung.

   Es ist am Ende ein ländlicher Wunsch und Alleingang, weit weg von der Gesundheitsreform. Verkauft als „wohnortnahe“ Spitalsversorgung – ein Begriff, den nur die hiesige Politik kennt – die den Standort nachhaltig absichert. Und genau das ist es, was man zu Wahlzeiten machen muss – Reform hin oder her.

„Wiener Zeitung“ Nr. 054 vom 19.03.2015  

Was bedeuten 100.000€? Pflege- vs. Ärzte-Einkommen

Nachdem von unterschiedlichsten Seiten immer wieder versucht wird, über eine Neiddebatte, den Berufsgruppenkonflikt zwischen Pflege und Ärzten zu schüren, um politisches Kleingeld zu wechseln, habe ich versucht einmal ein bisschen vergleichbare Zahlen zu erstellen – in der Hoffnung, dass diese Äpfel-Birnen-Vergleiche enden.

Das Einkommen eines Spitalsarztes

Die durchschnittlichen Vollkosten eines Spitalsarztes (von jung bis alt, von Turnusarzt bis Primar) in Österreich betragen 2013 etwa 100.000 €. Darin enthalten sind Arbeitgeberbeiträge in der Höhe von etwa 22.000 €, bleiben 78.000 € brutto. In diesem Brutto enthalten sind, neben dem Grundgehalt, alle Zulagen und Zahlungen für Überstunden und Nachtdienste.

Valide Arbeitszeitaufzeichnungen für Spitalsärzte gibt es nicht, aber, das, was bekannt ist, deutet darauf hin, dass Ärzte durchschnittlich 55 Stunden pro Woche arbeiten. Die Ausfallzeiten betragen meinem Informationsstand zufolge 10% womit pro Jahr etwa 2.600 Leistungsstunden entstehen. 800 bis 900 Stunden sind als Überstunden zu werten, die, wenn man Arbeitsbedingungen zu Grunde legt, die für alle anderen Arbeitnehmer im Spital gelten, mit 1,5 bis 2 zu multiplizieren sind (also 150%ige bis 200%ige Überstunden). Weiterlesen „Was bedeuten 100.000€? Pflege- vs. Ärzte-Einkommen“