Ärzteausbildung – Stögers Sündenfall

Alle wissen es: Die Ausbildung für Jungärzte – Turnus genannt – ist schlecht. Turnusärzte sind Systemerhalter, mehr nicht. Und das soll sich nicht ändern.

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   Weil der Lohn der Turnusärzte pro Arbeitsstunde unter der einer diplomierten Pflegekraft liegt, kommt kein Spital mehr ohne sie aus. Gleichzeitig sind Turnusärzte aber der Nachwuchs für Hausärzte. Und wie ebenfalls alle wissen, wollen immer weniger nach ihrer „Ausbildungszeit“ im Spital in eine Hausarztordination wechseln. Kein Wunder, ist die Welt dort doch komplett anders: andere Krankheiten, keine teuren, jederzeit bereit stehenden Diagnosegeräte, keine ärztlichen Kollegen, die man fragen kann, und das Ganze als selbständiger Unternehmer!

   Um Schwellenängste zu verringern, ist es international üblich, während des Studiums mehrwöchige Praktika in einer Hausarztordination vorzuschreiben und nach dem Studium einen Großteil seiner Ausbildung dort zu absolvieren. Aber was gelten schon internationale Erkenntnisse.

   Bei uns gilt es nicht, einem Haus ärztemangel zu begegnen, sondern Spitäler zu retten, die wegen zunehmender Emigration der Jungärzte immer schwerer Turnusärzte finden. Daher wird deren Ausbildung reformiert.

   Es beginnt mit einer gemeinsamen Ausbildung aller Jungärzte. Ein neun Monate langer „common trunk“ im Spital in den Fächern Chirurgie und Innere Medizin – also jenen Fächern, die am dringendsten billige, ärztliche Arbeitskräfte brauchen. Eine Approbation – also das Recht, sich niederzulassen und als Arzt zu arbeiten – wird es danach nicht geben. Auch das ist eine internationale Besonderheit. Aber schließlich brauchen wir die Turnusärzte in den Spitälern!

   Nach dem „common trunk“ folgen verpflichtend 33 Monate in den verschiedenen Fächern, auch hier wieder Chirurgie und Inneren Medizin. Immerhin, bis zu 6 Monate davon darf man in einer Lehrpraxis absolvieren. Darf wohlgemerkt, denn kaum ein Turnusarzt wird eine Lehrpraxis finden – diese gibt es praktisch nicht mehr, seit die Ärztekammer das Mindestgehalt der „Lehrpraktikanten“ kollektiv geregelt hat und niemand für deren Ausbildung bezahlen will.

   Fazit: Die Ausbildung dauert nun mindestens 42 statt 36 Monate, und man kann Hausarzt werden, ohne eine Hausarztordination gesehen zu haben.

   Und um ganz sicher zu gehen, dass genug Turnusärzte zur Verfügung stehen, wird man als Allgemeinmediziner auch kein Facharzt; international ebenfalls ungewöhnlich.

   Die Forderung, Facharzt werden zu können, hat weniger mit Titelgeilheit zu tun als mit der gesetzlichen Lage. Während jedes Spital so viele Allgemeinmediziner „ausbilden“ darf, wie es will/braucht, ist jede einzelne Facharztausbildungsstelle separat zu bewilligen – von der Ärztekammer; das kommt sicher nicht in Frage.

   Und so wird Minister Alois Stöger eine Reform verordnen, die, auch wenn anders verkauft, schlicht Länder befriedigt. Er wird das Hausärztesterben beschleunigen, aber die Spitäler glücklich machen. Da ist es wenig interessant, dass eine Studie errechnet, dass 4000 vorzeitige Todesfälle vermieden werden könnten, wenn die Zahl der Hausärzte um 20 Prozent höher wäre. Tote können nicht wählen.

„Wiener Zeitung“ Nr. 117 vom 18.06.2013  

Konkretisierung der Gesundheitsreform – COPD

Durch die Reform soll die Institutionenorientierung (Spitalsstandorte und Kassenplanstellen) zugunsten einer integrierten Versorgung überwunden werden: Patienten sollen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle– genannt: „Best Point of Service“- behandelt werden. Wo das ist, wird nicht dekretiert, sondern ist dezentral, auf Ebene der Versorgungsregionen des ÖSG – davon gibt es 32 – festzulegen.

Die ambulante Versorgung ist der stationären vorzuziehen– das bedeutet, dass die ambulante Versorgung durch Spitalsambulanzen und Kassen(fach)ärzte bedarfsorientiert auf-, aus- und umgebaut wird. Gruppenpraxen werden dabei eine wichtige Rolle spielen. So soll auf Sicht eine fachärztliche Versorgung gewährleistet werden, die nicht nur Ballungsräume bevorzugt. An den Abbau von Hausärzten denkt definitiv niemand –im Gegenteil.

Zentral werden Rahmenziele aufgestellt, anhand derer der Aufbau der integrierten Versorgung gemessen werden kann. Dezentral – also in den 32 Versorgungsregionen – sind diese unter Berücksichtigung der regionalen und spezifischen Besonderheiten zu konkretisieren. Es sind keine „zentralistischen“ Diktate, angedacht, sondern praxis- bzw. wirkungsorientierte Rahmenvorgaben.

Die Reform klingt abstrakt! Stimmt – und wie könnte das konkret aussehen?

Betrachten wir Patienten mit COPD

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