Verwaltungskosten-Tricksereien der Krankenkassen

 Neos haben für Aufruhr gesorgt, als sie meinten, die angegebenen 2,8 Prozent Verwaltungskosten der Krankenkassen lassen sich nicht nachvollziehen.

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   Neos argumentieren mit Personalkosten, die so gar nicht zu den 2,8 Prozent Verwaltungskosten passen wollen – diese betrügen nämlich 6,9 Prozent. Und weil, so die etwas irrige Annahme, Personalkosten den Verwaltungskosten ähnlich sein müssten, können die 2,8 Prozent einfach nicht stimmen.

   Der Konter der Kassen war klar: Neos irren (weil sie keine Bilanzen lesen können). Und haben da gar nicht so unrecht. Was Neos nämlich nicht bedachten, sind (1) die Personalkosten der SV-eigenen Einrichtungen, die Patienten versorgen und nicht der „Verwaltung und Verrechnung“ dienen, und (2) die Personalkosten, die für Verwaltungstätigkeiten anfallen, die die Kassen für andere übernehmen – etwa die Einhebung der SV-Beiträge und die Überweisung dieser an Pensionsversicherung, Unfallversicherung etc.

   Besonders Zweiteres sind eine Freude für die, die Bilanzen lesen können (die können nämlich mit Kassen-Bilanzen nichts anfangen, weil das keine Bilanzen, sondern höchstens grobe Einnahmen/Ausgaben-Rechnungen sind). Dort findet man unter „Ersätze“ Einnahmen in der Höhe von etwa 300 Millionen Euro, die dazu dienen, diesen „fremden“ Leistungsaufwand abzudecken. Eine Aufschlüsselung wenigstens nach Sach- und Personalaufwand gibt es nicht. Klar ist nur, dass diese 300 Millionen Euro von den 740 Millionen Euro, die als Brutto-Verwaltungsaufwand ausgewiesen werden, abgezogen werden müssen. Dann kommt man zum Netto-Aufwand, und der beträgt 440 Millionen Euro. Aufgerechnet auf die etwa 15 Milliarden Euro Gesamtausgaben, sind das dann die berühmten 2,8 Prozent – womit die Kassen klar belegen, Neos können keine Bilanzen lesen.

   Ach, wenn es so einfach wäre. Aber nehmen wir an, die 300 Millionen Euro dienen wirklich der Verwaltung von „fremden“ Leistungen. Auf Köpfe berechnet, erhalten unsere Kassen dann 37 Euro pro Nase „Ersatz“ für den Verwaltungsaufwand. Die deutschen Kassen kriegen für vergleichbare Leistungen nur 27 Euro ersetzt und müssen sich ständig rechtfertigen, weil jeder eine Verwaltungssubvention wittert.

   Und wenn wir schon in Deutschland sind: Da hat sich ein Finanzer einer großen Krankenkasse daran gemacht, einen Verwaltungskostenvergleich mit Österreich anzustellen.    Und heraus kam, dass Österreich einige Positionen unerklärlicherweise einfach nicht als Verwaltungskosten verrechnet, wie etwa „sonstige betriebliche Aufwände“. Dafür werden bei den Gesamtausgaben Durchlaufposten mitgerechnet, die sicher keine relevanten Verwaltungskosten erzeugen, etwa die über 4 Milliarden Euro Pauschalüberweisungen an die Spitäler. Am Ende werden mit allerlei Tricks Verwaltungskosten klein-, Gesamtausgaben großgerechnet, damit die Verwaltungsquote schön niedrig bleibt. Realitätsnah und mit Deutschland vergleichbar, kostete 2013 die interne (reine) Kassenverwaltung jedoch 682 Millionen Euro (offiziell zugegeben werden 440 Millionen), bei einem verwalteten Volumen von weniger als 10 Milliarden Euro (offiziell über 15 Milliarden) – und das macht nach Adam Riese nicht 2,8, sondern 6,8 Prozent Verwaltungskosten. Die Deutschen brauchen übrigens 5,7 Prozent, geben aber nur 5,1 zu – schwindeln also auch, aber halt weniger

„Wiener Zeitung“ Nr. 097 vom 21.05.2015