Hoffnungsloses Spitalswesen

Es ist schon ein Wahnsinn, wie fest die Klammer der Landesfürsten ist. Es gibt wohl keine Lösung außer einem Crash! Und der wird vielen ernsthaft schaden.

Sie fahren von Wien nach Pinkafeld. Dabei kreuzen Sie mehrere Landesgrenzen. Zuerst kommen Sie nach Niederösterreich, dann in die Steiermark um schließlich im Burgendland Ihr Ziel zu erreichen.

Stellen Sie sich vor, die Straßenverkehrsordnung (StVO) würde überall anders sein. In Wien dürften Sie erst ab November Winterreifen haben, in Niederösterreich sind sie, wenn Sie auf Straßen unterwegs sind, die höher als 500 Meter liegen, bereits ab Oktober Pflicht, im Burgenland hingegen sind sie bis 15. November überhaupt verboten, um Straßen zu schonen. Mit diesen Vorschriften würden Sie auf der Fahrt Wien-Pinkafeld wenigstens einmal Reifen wechseln müssen. Auf den Autobahnen würden (durch die ASFINAG mit Bundesgeldern) riesige Parkplätze errichtet und jeder würde fluchen, weil es für jeden ein Leichtes wäre, den Schwachsinn zu entlarven. Deswegen gibt es nur eine StVO für ganz Österreich.

In den Spitälern ist das anders. Da gibt es – weil eben nicht so leicht als Schwachsinn erkennbar und weil Landesfürsten mit gigantischen PR-Maschinerien den Untertanen einreden, dass alle sterben, wenn es eine Reform gibt – in jedem Bundesland ein eigenes Spitalsgesetz. Ein niederösterreichischer Patient ist – so die Argumente – von einem oberösterreichischen, steirischen oder gar Tiroler zu unterscheiden. Jeder braucht seine lokal colorierte Behandlung.

Vielleicht liegen deswegen Oberösterreicher auch gleich um ein Viertel häufiger im Spital als Steirer. Aber selbst innerhalb eines Bundeslandes sind Unterschiede zu finden. Mostviertler sind wohl kränker als ihre Nachbarn im Industrieviertel – oder liegen wenigstens um 25 Prozent öfter im Spital. Medizinisch betrachtet ist das nicht erklärbar, außer vielleicht, man macht gesunde Menschen krank, um sie in Spitäler stecken zu können – so was klingt aber abwegig, oder?

Und dann kam er, der Vorschlag, der alles bereinigen helfen könnte, der Vernunft in diesen populistischen und Menschenleben gefährdenden Wahnsinn bringen könnte. Es soll nur mehr ein Gesetz geben und bezahlt wird nicht mehr die örtlich geweckte Begehrlichkeit nach einem Spital, sondern die Qualität der Versorgung in einer Region; und es war gerade der eher reformunwillige Gesundheitsminister Alois Stöger, der ihn machte.

Ein skurriler Vorschlag, setzt er doch voraus, dass nebst Verfassungsänderung, die Länder zustimmen. Zwar wurde er von allen – nicht nur allen Experten, sondern auch geschlossen von der Opposition – gelobt, aber die Antwort der Fürsten ließ nicht lange warten.

Allen voran „E.P. von Niederösterreich“. Er verhandle nicht mit Ministern (lat. Diener). Seine Ansprechpartner seien Kanzler und Vizekanzler. Und sein, für die Spitäler zuständiger, Vasall „W.S. von Waidhofen“ lässt wissen, dass das wohl nur ein Rülpser war und der Minister ein unerträglicher Dilettant sei, der nicht einmal die Zahlen kenne. Außerdem sei die hiesige Verwaltung die beste, was man darin sehen möge, „dass sich der Gesamtaufwand im letzten Jahr um nur 0,88 Prozent erhöht hat“ (Übrigens und wahrheitsgemäß: 2009 sind dort die Kosten um mehr als 5 Prozent gestiegen, bei praktisch Null Inflation und einem Schrumpfen des BIP um über drei Prozent; damit wird das ohnehin schon riesenhafte Defizit 2010 um zusätzliche 150 Millionen explodieren!)

Ehrlich, ich glaube nicht, dass es eine Reform gibt! Ich hoffe nur, dass der Kollaps nicht all zu viel Schaden anrichtet.

Dieser Artikel wurde im November 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.