Richtigstellungen

Die Zahl der politischen Ungenauigkeiten mit Manipulationsabsicht steigt im Ausmaß wie das Niveau der Gesundheitspolitik sinkt – eine ernste Entwicklung.

Sie kennen sie alle, die Richtigstellungen, zu denen Politiker und Medien verurteilt werden, wenn sie unter Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht oder mit böser Absicht Unwahrheiten verbreiten. Die ließt zwar niemand, aber sie geben das Gefühl eines Rechtsstaats. Weil dafür immer Klagen nötig sind, bleibt ein Haufen Unwahrheiten, die niemals richtig gestellt werden. Ein paar will ich übernehmen.

Mehrfach wurde von offizieller Seite betont, dass Österreich ein günstiges und effizientes Gesundheitssystem besitzt. Als Beweis wurde angeführt, dass wir „nur“ 7,6 Prozent Krankenversicherungsbeiträge zahlen, während die Deutschen 15,5 Prozent abgeben. Manchmal wurde zwar richtigerweise betont, dass die Länder nicht vergleichbar seien, aber selbst bei „Bereinigung“ der Unterschiede, wir mit 11 bis 12 Prozent auskämen – damit sei belegt, wir haben ein effizientes und billiges System. Diese Darstellungen entsprechen nicht der Wahrheit.

Wahr ist vielmehr, dass die Pro-Kopf-Ausgaben, gemessen in echtem Geld, in Österreich um 10 Prozent über denen Deutschlands liegen. Da wir keine „besseren“ Gesundheitsdaten haben, ist klar, dass wir weder effizienter, noch billiger als unsere Nachbarn sind – egal wie man es dreht und wendet.

Immer wieder wurde von verschiedenen Ebenen behauptet, die Preise der Medikamente steigen enorm an. Einerseits wurde behauptet, die Preise steigen über der Inflationsrate, andererseits, die durch die Senkung der Mehrwertsteuer herbeigeführte Preissenkung wird von der Industrie zum Anlass genommen, die Preise zu erhöhen. Beide Darstellungen entsprechen nicht der Wahrheit.

Wahr ist vielmehr, dass die Preise für rezeptpflichtige Medikamente durch den Staat festgelegt werden, es also nur dann zu einer Steigerung kommen kann, wenn der Staat dies zulässt. Betrachtet man den Preis für eine verkaufte Medikamentenpackung, dann ist festzustellen, dass dieser seit Jahren sinkt. Bewusst und manipulativ wird nicht zwischen dem Preis der Medikamente und den Ausgaben für Medikamente unterschieden.

Die Ausgaben steigen kontinuierlich, allerdings nicht getrieben durch den Preis, sondern durch die Mengen. Für die Mengensteigerung sind viele Faktoren verantwortlich. Da wäre das Kassen-Erstattungssystem, das mengenfördernd ist (was durch die Rezeptgebührobergrenze noch verstärkt wird!), dann die Rezeptgebühr selbst, die man bei kleineren Packungen öfter einheben kann, daher werden die von den Kassen bezahlten Packungen immer kleiner (aber nicht im gleichen Verhältnis billiger), dann die Marketingmaßnahmen der Industrie, die nur dann mehr verdienen kann, wenn sie mehr verkauft, nicht zu vergessen die Demographie und die Epidemiologie (die Menschen werden immer älter und kränker), und vermutlich noch ein Dutzend anderer Gründe. Die Forderung, die Mengenausweitung an Wirtschaftswachstum oder Inflation zu koppeln, ist mehr als nur irreal.

Zu dem Vorwurf, 900 Medikamente seien über den Jahreswechsel teurer geworden und damit sei bewiesen, dass es eine sofortige staatliche Intervention brauche, die dem wilden Treiben der Industrie Einhalt gebiete, sei festgehalten, dass es sich bei diesen Medikamenten um frei verkäufliche handelt, also der Preis durch freie Entscheidung freier Menschen am Markt festgelegt wird. Die geforderte Intervention bedeutet planwirtschaftlichen Totalitarismus.

Es macht traurig, auf welchem Niveau politisches Kleingeld gemacht wird.

Dieser Artikel wurde im Februar 2009 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.