ELGA und der politische Sumpf

Rund um die ELGA geht nichts weiter? Doch, Pfründe und Lehen werden verteilt – unter den üblichen Verdächtigen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Sie gehen zum Arzt, geben ihre E-Card ab und der Arzt kann sich über relevante Befunde, inklusive der Medikamente, die Sie nehmen, informieren. Er soll alle Informationen haben, die er braucht, um Ihren Fall richtig einzuschätzen und gemeinsam mit Ihnen die richtige Therapie zu finden. Eine Therapie, die anderen nicht widerspricht oder diese gar unwirksam macht, eine Therapie, die zu Ihrer individuellen Situation passt. So soll gute medizinische Versorgung im 21. Jahrhundert funktionieren.

Ist das so schwer zu verstehen? Nein! Ist das in der heutigen Zeit, in der Medizin spezialisiert und unübersichtlich ist, nötig? Ja! Und wie kann man das anstellen – mit der ELGA, der elektronischen Gesundheitsakte.

Natürlich ist das Umsetzen nicht einfach; wenn man wollte, könnte man aber. Doch nichts passiert, stattdessen wird rund um die ELGA der Sumpf immer tiefer.

Zwar loben jene, die sich mehr um Macht als den Patienten kümmern, die Fortschritte in dieser endlosen Geschichte. So soll es ein Meilenstein sein, dass aus der früheren ELGA-Arbeitsgruppe nun eine GmbH wurde. Genauer betrachtet hat sich aber nichts geändert, außer vielleicht, dass es jetzt zwei gut bezahlte Geschäftsführer gibt – einen schwarzen und einen roten! Und weil es ins Bild passt, sind auch gleich nebulose Immobiliendeals im Umfeld zu vermuten. Meilensteine eben!

Aber auch das Paradestück der ELGA, die sogenannte E-Medikation ist so eine Sache. Angeblich bereits zu 99,9 Prozent fertig, schaut die Realität anders aus.

Nachdem man (wer und warum?) sich nicht einigen konnte, was in dieser elektronischen Medikamentenliste stehen soll, greift man auf den „guten“ alten Arzneimittelsicherheitsgurt (AMSG) zurück.

Der Grund, warum man sich nicht einigen konnte, ist ein Klassiker. Die Apotheker wollen keinesfalls auch jene Medikamente eintragen, die sie ohne Einbindung von Ärzten verkaufen. Das betrifft meist rezeptfreie Produkte. Da stört es nicht, wenn die Evaluierung des AMSG zeigt, dass gerade bei den rezeptfreien Produkten der Wechselwirkungsalarm häufiger ausgelöst wurde, als bei den rezeptpflichtigen. Es ist also klar, sollte eine elektronische Medikamentenliste funktionieren, muss eben alles drinnen stehen. Aber man kann sich doch nicht in die Karten schauen lassen! Patientensicherheit hin oder her!

Apropos Evaluierung; die vorliegenden Daten sind so schlecht und ungenügend, dass keine, dem Patienten hilfreiche, Umsetzung zu erwarten ist. Das macht aber nichts. Das Ministerium kauft den Apothekern den AMSG trotzdem ab, für 1,9 Millionen Euro. Kaum jemand wird sich erinnern, dass der AMSG als geschenkter Beitrag der Apotheker zu Gesundheitsreform 2006 gefeiert wurde. Die Kosten haben damals 640.000 Euro ausgemacht, die Hälfte kam vom Hauptverband. So wie es jetzt aussieht, können sich die Apotheker freuen. Ihr angebliches Geschenk wird, nur drei Jahre später, 1,6 Millionen Gewinn abwerfen. Und weil der AMSG in der jetzigen Form nicht für eine österreichweite Umsetzung geeignet ist, wird er dann gleich um 1,2 Millionen umgebaut – alles aus Steuergeldern!

Und damit ja kein Geld oder Einfluss verloren geht, wird das ganze „in-House“ gemacht. Externe, private Firmen kommen nicht zu Zug, selbst wenn das nicht EU-konform ist. Wen interessiert’s? Wer aus Wettbewerbsgründen klagen will, der wird sehen, was er davon hat, sich mit den Mächtigen anzulegen. Geschäftsfördernd wäre so etwas sicher nicht!

Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.